c Micky Clement |
Als ich das erste Mal ein Video von Benjamin Clementine gesehen habe, wusste ich, der Mann wird groß, er ist ein Künstler, wie es sie nur selten gibt. Erinnert ein wenig an Nina Simone. Seine Texte und die Art des Vortrags zwingen zum Zuhören. Daher stand für mich außerfrage, zu seinem Konzert zu gehen. Dann auch noch im Mojo Club, meiner liebsten Konzertlocation in Hamburg.
Zunächst eine halbe Stunde vor Beginn war es noch nicht voll. Ob es eine Vorband gab, wussten wir nicht. Dann kurz vor acht wurde es dann doch noch recht voll und pünktlich erschien dann auch direkt Benjamin Clementine auf der Bühne, einzig einen Drummer hatte er noch dabei. Es ist schon ein Erlebnis zu sehen, wie dieser Mann, der erst relativ kurze Zeit dabei ist wie der größte Popstar begrüßt wird. Und dann diese Stimme. Manchmal hoch, ja fast schrill, dann wieder tief und sanft, zwischen Spoken Word und Chanson. Man muss diese Erscheinung auf sich wirken lassen. Clementine ist gewiss an die einsneunzig groß, sitzt auf einem ca. ein Meter hohen Hocker am ca. fünfzig Zentimeter hohen Klavier und streckt die langen Finger nach unten. Seine Haare stehen hoch, dazu winzige Ohren, lediglich eine Hose und eine graue Jacke hat er an. Barfuß betätigt er die Pedale. Sein Aussehen könnte ebenso als Kriegsflüchtling wie als Trend der Pariser Fashion Week durchgehen. Tatsächlich hat er kurzzeitig als Model gearbeitet. Man kann ihn schwer einordnen, ich höre so viel Musik, aber ich kenne keinen anderen Musiker, der ihm ansatzweise ähnelt und dass muss man heutzutage erstmal schaffen.
Als Clementine in Paris ankam und Musik machen wollte, war er erstmal obdachlos. Das ist bei ihm also keine Pose. Dann sang er in der Metro und in Hotels, bevor er seinen ersten Plattenvertrag bekam. Man hört schon, dass dahinter harte und jahrelane Arbeit steckt. Seine Texte klingen persönlich, wie eine Autobiogrfie. "I am lonely, alone in a box of stone", singt er in Cornerstone. "I am lonely in a box of my own." Sein Gesang scheint aus tiefstem Herzen zu kommen. Diese Emotionalität ist es auch, was ihn so besonders macht. Und das spüren die Zuhörer. Selten habe ich ein Konzert besucht, bei dem so frenetisch applaudiert wurde. Mehrere Songs hat er als Zugabe gespielt, sich jedes Mal freundlich verbeugt, seinem Drummer Tribut gezollt, der übrigens ein wenig aussah wie Peter Dinklage. Beim Rausgehen gab er den Leuten in der ersten Reihe die Hand, streifte ihre ausgestreckten Hände, als würde er sie segnen. Vielleicht hoffen die Fans etwas von seinem Genie abzubekommen. Nein, so einen Künstler gibt es wirklich kein zweites Mal. Ich habe dieses Jahr so einige Konzerte besucht, aber dieses war das beste. Und wenn er schon so erfolgreich ist mit nur einem Album, dann wird da sicher noch sehr viel mehr kommen.
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