Sonntag, 23. August 2015

Roo Panes - Little Giant




Roo Panes Little Giant habe ich schon beim Erscheinen vor einem Jahr gespeichert, aber wohl nicht ganz so aufmerksam gehört, sonst wäre mir gleich aufgefallen, wie großartig dieses Album ist. In den letzten Tagen lief es bei mir in Dauerschleife. Er scheint auch schon recht bekannt zu sein, obwohl man noch nicht allzu viel zu ihm findet. So war er 2012 in einer Burberry Campagne zu sehen. Er stammt jedenfalls aus Dorset, das Thomas Hardy so anschaulich in seinen Büchern beschreibt. Angeblich hat er als Kind wenig Musik gehört, er kam erst später zum Gitarrespielen. Die Musik und die Songs würden aus ihm heraus zu ihm kommen. Und Panes ist wohl der einzige, dem man das wirklich so glaubt. Seine Songs klingen ehrlich, ungekünstelt, die Texte sind kleine Lebenshilfen. Er will Hoffnung geben, es geht immer um Selbsterkenntnis, Selbstverbesserung. "Have the herat of a giant but know you're a man", sing er beim eindringlichen Titelsong. Man könne nur stärker werden, wenn man sich der eigenen Verletzlichkeit bewusst ist, meint er damit. Tatsächlich vermittelt seine Musik diese Hoffnung, ohne allzu kitschig zu werden oder es sich zu einfach zu machen, wie manche beliebten neueren Folkbands. Der Sound wird von Violine und Cello unterstützt, die ihm einen orchestralen aber nie zu überladenen Klang verleihen.



Dienstag, 18. August 2015

Taxi - Film Rezension



Am Sonntag war ich bei der Premierenvorführung von Taxi mit Peter Dinklage, die Autorin Karen Duve und Regisseurin Kerstin Ahlrichs waren zu Gast und haben von den Dreharbeiten erzählt.
Ich habe das Buch zum Film von Karen Duve noch nicht gelesen, und konnte mir nach der Beschreibung nicht ganz vorstellen, wie es als Film funktioniert. So hat es auch einige Jahre gedauert, bis der Film überhaupt zustande kam. Mehrere Versuche mit anderen Regisseuren und Drehbüchern scheiterten zuvor und auch als Regisseurin Kerstin Ahlrichs sich des Stoffes annahm dauerte es noch sechs Jahre, bis der Film finanziert war, was aber nicht unbedingt ungewöhnlich ist.

Alex entspricht dem Wunsch ihrer Familie und fängt eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau an, aber bald merkt sie, das ist nichts für sie, genausowenig wie Studieren. Sie wird Taxifahrerin. Sehr zum Missfallen ihrer Familie, und zum Unverständnis ihrer Freunde. Wird sie gefragt, was sie denn studiere, sagt sie: Taxifahren. Sie fängt in einem kleinen Betrieb an, der immer kurz vor der Pleite steht.  Gegen die Warnung des Chefs, fährt sie Nachtschichten, sie weiß, dass sie sich auch gegen betrunkene und aufdringliche Fahrgäste durchsetzen kann. Man begleitete Alex auf ihren Fahrten, nachts durch Hamburg, durch die Schnaze, durch den alten Elbtunnel, wie sie auf dem Großneumarkt steht und auf Kunden wartet. Die anderen, männlichen Taxifahrerer nehmen sie gleich in Beschlag, alle bis auf den sexistischen Rüdiger, verlieben sich in Alex. Sie beginnt eine Beziehung mit Dietrich (Stipe Erceg), einem Künstler, aber so richtig scheinen sie nicht füreinander geschaffen.
Und dann begegnet sie Marc (Peter Dinklage), den sie von früher kennt. Er scheint sie als einziger zu verstehen, ohne ihr vorzuschreiben, was sie zu tun hat, fordert er sie heraus, ihre raue Schale aufzubrechen. Marc lädt Alex zu sich ein, sie schlafen miteinander. Alex macht schnell klar, dass sie nicht mehr will. "Geht das nicht auch ohne Getränk", sagt sie schroff. Sie ist nicht immer sympathisch, eine Frauenfigur, die man so selten im Film sieht. Auf Beziehungen hat sie eigentlich gar keine Lust, Nähe kann sie schwer zulassen. Sie nimmt sich, was sie will. Eine der berührendsten Szenen ist, wie sie einem Alkoholiker in seiner messihaften Wohnung das einzige nimmt, was er von Wert hat, seine Platten. Wer nicht zahlen kann, der wird halt gepfändet. Auch zu Marc ist sie unerbittlich. Nur für Tiere scheint sie ein Herz zu haben, sie interessiert sich für Primaten und rettet einen gequälten Zirkusaffen, den ein Fahrgast in ihr Taxi bringt. Wohl die aufwändigste und gefährlichste Szene im Film, wie Alex einen Unfall hat, und endlich den vom Chef so lange ersehnten, weil von der Versicherung gedeckten Totalschaden einfährt.
Wie sich die Beziehung zwischen Alex und Marc entwickelt, ist glaubhaft inszeniert, der Größenunterschied zwischen ihnen spielt kaum eine Rolle, ihre Persönlichkeiten stehen immer im Vordergrund. Auch wenn es zu einem kurzen SM-Machtspiel zwischen ihnen kommt. "Du hast keine Ahnung, wie mutig ich sein muss", sagt Marc. Es war angenehm, dass die Sexszenen ausgeblendet wurden, sie hätten nichts zum Plot beigetragen.
Der Film ist allerdings nicht ohne Schwächen, so Reihen sich die Fahrten mit verschiedenen Fahrgästen oder allein etwas episodenhaft und repetitiv aneinander. Es wird dem Zuschauer nicht ganz leicht gemacht, hinter Alex' Fassade zu schauen, etwas mehr Nähe zu den Figuren hätte nicht geschadet, das hätte sie noch realistischer machen können und dem Film mehr Tiefe verliehen, der so etwas oberflächlich bleibt.
Bild 02_TAXI_© 2014 by Georges Pauly und B&T Film GmbH

Da Karen Duve selbst dreizehn Jahre Taxi gefahren ist, weiß sie, wovon sie schreibt. Sie wollte die coolen 80er zeigen, die Punkszene und keine Schulterpolster, leider wurde wenig darauf geachtet, die Szenerien an die 80er anzupassen, ich bin 86 geboren und kann mich natürlich nicht an das Hamburg der 80er erinnern, meine Begleiter erkannten aber einige Marken und Gebäude, die es damals noch nicht gab. Da fragt man sich, ob das eine bewusste Entscheidung war, oder ob nach dem Honorar für Peter Dinklage das Geld ausging. Als er gecastet wurde, war er noch kein Weltstar, aber er spielt immer gerne außergewöhnliche Rollen. Eine Alternative gab es für die Rolle nicht, er ist anscheinend der einzige gewesen, der der Persönlichkeit seiner Figur gerecht wurde und der einsachtzig großen Rosalie Thomass ebenbürtig entgegentrat. Man müsse ihm die erotische Anziehung abnehmen, die er ausstrahlen soll, sagte Karen Duve bei der Premiere. So eine Rolle hat man wirklich noch nicht gesehen, Peter Dinklage spielt einen gutverdienenden Psychologieprofessor, ein selbstbewussten Mann, der dennoch verletzlich ist in seiner Liebe zu Alex. Manchmal wünscht man sich allerdings, er wäre nicht synchronisiert worden, die Stimme macht schließlich einen großen Teil des Schauspiels aus. Dass der Fokus auf die Liebesgeschichte gelegt wurde, war Karen Duves eigene Entscheidung, sie hat das Drehbuch selbst geschrieben, ein Roman ist ja immer umfangreicher, als es ein Film sein kann, der einer anderen Dramaturgie folgt. So wurden einige Figuren aus dem Buch weggelassen.

Auch Robert Stadlober ist genial besetzt, als pickliger Möchtegern-Intellektueller Rüdiger, der offenbar in Alex' Freund Dietrich vernarrt ist, mit der Hornbrille und dem Outfit, erkennt man ihn kaum wieder.
Was den Film besonders macht, sind nicht nur die außergewöhnlichen Figuren, die guten Schauspieler und die Bilder von Hamburg, die man wiedererkennt, beeindruckend ist auch der Soundtrack von Michel Van Dyke. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, ich müsste die Songs aus den Achtzigern wiedererkennen. Sie klingen genau wie die besten 80er deutschen Punkbands, wie auf den alten Kassetten meines Vaters. Definitiv einen Kauf wert.

Karen Duve kündigte übrigens einen Science Fiction Roman an, der sich an ihr Sachbuch anlehnt, für den es allerdings noch keinen Titel gibt, man darf gespannt sein.



Samstag, 8. August 2015

Oso Leone - Festivalentdeckung #4



Oso Leone sind die erste Band von Mallorca, die ich hier vorstelle. Ja richtig gelesen Mallorca. Ich war noch nie da obwohl es ja abseits vom Ballermann ganz schön sein soll. Oso Leone kann man sich gut bei einer abgelegenen Strandparty im Sonnenuntergang vorstellen. Ein bisschen DreamPop, ein bisschen düstere Lagerfeuerromantik. So singen sie von Leere und Einsamkeit. Viel mehr gibt es allerdings noch nicht über sie. Da darf man gespannt sein, sie auf dem Reeperbahn Festival zu sehen.

Donnerstag, 6. August 2015

Luke Sital-Singh - The Breakneck Speed of Tomorrow Review



Es kam mir so vor, als hätte Luke Sital-Singh gerade erst vor ein paar Wochen sein letztes Album veröffentlicht, als ich heute gesehen habe, dass es eine neue EP von ihm gibt. Tatsächlich ist das allerdings schon ein Jahr her. Er ist wirklich sehr fleißig, der Luke. Ich finde es immer schön, wenn man die Karriere eines Musikers von Anfang an verfolgen kann. Seit ich 2012 das erste Mal über ihn geschrieben habe ist wirklich viel passiert, er ist inzwischen eine feste Größe im Songwriter-Genre. Mit konstanter Qualität, gefühlvollem Gesang und einprägsamen aber nie zu simplen Kompositionen überzeugt er auch diesmal. Letting you go, der Titelsong, ist eine wunderbare melancholische Liebesballade, insgesamt ist die EP weniger hoffnungsvoll als die letzten Veröffentlichungen. Luke entwickelt sich auf der EP etwas mehr Richtung Damien Rice, was sicher keine schlechte Entwicklung ist. Die Songs sind außerdem weniger pompös, zurückgenommener, und dadurch intensiver. Luke hat das Label gewechselt, weil er die Kontrolle über den Produktionsprozess zurück wollte. Die Arbeit am Album war für ihn sehr hart, zu hart, also hat er sich darauf besonnen, was er wirklich wollte. Ein mutiger und richtiger Schritt. Über die Songs sagt er: "I wrote them on a such a bright morning after such a dark night. I needed music that didn't shout for affection." Und das hört man den vier Songs auf der EP wirklich an. Bei seinem Album fand ich einige Songs zu gewaltig, zu laut, zu sehr auf Radiotauglichkeit getrimmt. Wie es ja häufig passiert, wenn Musiker bei großen Labels landen und erfolgreich sein wollen. Der Prozess an der EP zu arbeiten hat sich für Luke wieder richtig angefühlt und das hört man. Er hofft, dass man ihn weiter begleitet, schreibt er. Ja, Luke. Das tun wir ganz bestimmt.
Auf Line of best fits könnt ihr die EP streamen und Lukes ganzes Statement lesen.

Sonntag, 2. August 2015

Miranda - die beste britische Comedy Serie endlich auf Deutsch

Ich habe hier schon mal über Miranda geschrieben, eine meiner absoluten Lieblingsserien. Die lustigste Serie überhaupt.
Hier meine Rezension zu den ersten beiden Staffeln:
Miranda Hart spielt sich praktisch selbst: eine einsachtzig große Frau mit ein wenig Übergewicht, die dazu noch überaus tollpatschig ist. Sozialkompetenz ist nicht gerade ihre Stärke. Mit ihrer ca. einsfünfzig großen Freundin Stevie (Sarah Hadland) betreit sie einen Geschenkeladen. Kein akzeptabler Beruf für ihre ehrgeizige Mutter (grandios: Patricia Hodge). Was ihre Mutter aber noch viel schlimmer findet: Miranda ist mit Anfang dreißig noch nicht verheiratet und es ist auch kein potentieller Partner in Sicht. Also versucht sie schon mal ihre Tochter im Kaufhaus zu versteigern und mit jedem Mann zu verkuppeln, der ihr in die Finger kommt. Jeder zweite Ausruf der Mutter ist:Such fun! Natürlich immer zu Sachen, auf die Miranda gerade gar keine Lust hat.
Miranda schafft es immer wieder, sich in der Öffentlichkeit zu blamieren, indem sie plötzlich nackt da steht, weil sie ihr Kleid in der Autotür einklemmt oder ähliches - oder sie fängt in den unpassendsten Situationen an, zu singen. Sobald sie ihren Schwarm Gary erblickt, erfindet sie die abstrusesten Geschichten. Gary und sie sind natürlich nur Freunde, oder ist da doch mehr möglich?
Dann sind da auch noch Mirandas frühere Schulfreundinnen, die sie nur "Queen Kong" nennen und die Miranda eigentlich gar nicht leiden kann. Dennoch trifft sie sich immer wieder mit ihnen zum Frauenabend. Und wenn mal niemand da ist, bastelt sie sich eben Freunde aus Obst.
Was die Serie so lustig macht ist Mirandas unglaubliches Talent für Timing. Die Pointen kommen genau zur richtigen Zeit und niemals muss man sich für schlechte Witze fremd schämen. Slapstickszenen wie plötzliches Ausrutschen hat man schon oft gesehen, doch hier muss man trotzdem darüber lachen. Miranda schaut immer wieder in die Kamera und redet direkt mit dem Publikum oder wirft ihm Blicke zu, die das Gegenteil von dem Bezeugen, was sie gerade gesagt hat.
Die Serie ist erfrischend anders, und gerade deshalb wohl so kontrovers. Man muss sie wohl lieben oder hassen. Mirandas Leben ist eigentlich nicht zum Lachen, sie hatte offenbar noch keine feste Beziehung und die Dates mit Gary laufen immer wieder schief. Aber weil Miranda sich selbst mit Humor nimmt, lacht man über ihre Missgeschicke ohne dass man das Gefühl hat, sie auszulachen.
Lange hatte ich auf eine dritte Staffel gewartet, es kamen dann nur noch zwei Folgen, die hier leider noch nicht mit dabei sind. Aber das ist es auch was gute Serien auszeichnet, die zu Klassikern werden, die Macher wissen, wann es Zeit ist aufzuhören und walzen die Story nicht endlos aus. Man darf gesapnnt sein auf weitere Projekte von Miranda Hart.
Hier kennt man sie durch Call the Midwives oder durch den Spy-Film. Ich habe Spy im Kino gesehen, eine schöne absurde Komödie. Aber Miranda Harts Synchronisation passt so gar nicht zu ihr, da haben sie sich leider gar keine Mühe gegeben, jemanden zu finden, der halbwegs so klingt wie sie. Vielleicht fällt es einem nicht so auf, wenn man das Original nicht kennt. Aber es ist ja leider oft so, dass durch die Synchronisation sehr viel verloren geht. Daher gucke ich Filme fast immer im Original. Für alle diejenigen, die nicht so gut Englisch verstehen, gibt es Miranda jetzt aber auch auf Deutsch. Bei der ersten Staffel gibt es leider keine deutschen Untertitel, was ich sehr schade finde. Bei der zweiten Staffel hat man die Wahl zwischen Deutschem Audio oder Engisch mit deutschen Untertiteln. Das war auch der Grund für mich, mir die Serie dann noch mal anzugucken, weil ich auch wenn ich das meiste verstehe, sind da doch immer einige Sprichwörter etc. doch nicht ganz verstanden habe.

L'aupaire - Festivalentdeckung #3


L'aupaire ist ein junger Musiker aus Gießen, ja richtig gelesen, aus Deutschland. Es kommt ja selten genug vor, dass man Musik aus Deutschland hört und denkt, die so klingt, als könnte sie in den britischen Charts gerade weit oben sein. L'aupaire verbrachte einige Zeit in Budapest um Songs aufzunehmen, spielte so ziemlich alle wichtigen internationalen Festivals und ist jetzt auch in Deutschland zu sehen, unter anderem beim Reeperbahn Festival. Mit seiner rauhen Stimme erinnert er an die Sänger der britischen Retro-Rock Bands, Jake Bugg, The Kooks etc. Dazu kommen eingängige Melodien, mit Sicherheit ist L'aupaire eine Name, den man noch öfter hören wird, spätestens wenn sein erstes Album erscheint.




Samstag, 1. August 2015

Tor Miller - Festivalentdeckung #2



Dieses Jahr schaffe ich es leider nicht zum Haldern, aber wer da ist sollte sich unbedingt Tor Miller ansehen. Der 21-jährige New Yorker hat für seine erste EP bereits begeisterte Kritiken eingefahren.
So schreibt der Guardian, man könnte jetzt Hozier und James Bay getrost vergessen. Ganz so weit würde ich zwar nicht gehen, aber Miller hat definitiv eine beeindruckende Stimme, schreibt seine Songs selbst und beherrscht sein Handwerk. Das ist auf jeden Fall radiotauglich und er ist bei Glassnote Records untergekommen, die schon so einige Künstler groß gemacht haben (Daughter, Mumford and sons). Da hat es sich ja ausgezahlt, dass er das mit dem College gleich hat sein lassen um sich ganz auf die Musik zu konzentrieren.