Sonntag, 22. Dezember 2013

Buchrezension: David Lampson - Vom Finden der Liebe und anderen Dingen

Als ich diesen Blog anfing wollte ich eigentlich über alles mögliche schreiben und dann ist es irgendwie ein Musikblog geworden. Vielleicht weil es nicht so viel Aufwand ist über Musik zu schreiben, als sich lange Gedanken über einen Film oder ein Buch zu machen. Jetzt möchte ich hier aber die erste Buchrezension posten. Es gibt selten Bücher, die mir so gut gefallen, dass ich noch lange an sie denke und an denen ich nichts zu kritisieren habe. Mit Jugendbüchern ist das nochmal so eine Sache. Anhand des Covers und des Titels lässt sich fast nie erkennen, ob einen nun eine oberflächliche, seicht geschriebene Teeniromanze oder ein Stück anspruchsvolle Weltliteratur erwartet.


Bei Vom Finden der Liebe und anderen Dingen habe ich Ersteres erwartet und Letzteres bekommen.
Das Buch ist keine Liebesgeschichte, wie es der Titel und der Klappentext suggerieren. Es ist eine skurile Coming-of-Age-Geschichte. Jon lebt mit seinen zwei Brüdern zusammen, seit seine Eltern ums Leben kamen. Sein ganzes Leben lang war sein Zwillingsbruder Alvin an Joes Seite und hat ihm gesagt, was zu tun ist. Zum Beispiel, dass er nur noch Pizza und Cheeseburger essen soll. Und das tut Joe immer noch. Die Schule hat er abgebrochen, er hat eine Lernschwäche, er kann nicht lesen und er ist nicht gerade gut darin, Dinge für sich selbst zu entscheiden. Solange er ein zu Hause hat, ein bisschen Geld, das er beim Pokern verspielen kann und seinen Bruder Alvin, ist für ihn alles in Ordnung. Doch dann verschwindet Alvin für ein halbes Jahr mit einem Mädchen ohne sich zu melden. Joes Leben geht weiter wie bisher, ab und zu wirft sein älterer Bruder ihn raus, der arbeitet zielstrebig an seiner Basketballkarriere und will, dass Joe auch endlich was aus sich macht. Doch Joe wartet einfach darauf, dass Alvin zurückkommt. Und Alvin kommt zurück. Joe soll ihn auf einer Weltreise begleiten, sie würden jetzt sofort aufbrechen, ob er mitkommen würde. Natürlich sagte Joe zu, wie immer. Doch bevor sie ein Boot kaufen können, ist Alvin wieder verschwunden.
Einige Tage später steht ein Mädchen vor Joes Tür, Julia, Alvins Freundin. Sie will Alvin suchen, doch sie haben keinen Anhaltspunkt, wo er zu finden sein könnte. Also steigt Joe zusammen mit Julia in das von Alvin zurückgelassene Auto und fährt mit ihr nach Florida. Dort erhält Joe das erste Mal einen richtigen Job, im Hotel von Julias Eltern, als Poolboy. Eine Aufgabe, die er gewissenhaft ausübt. Sein Leben scheint endlich eine gute Wendung zu nehmen. Er entscheidet jetzt für sich selbst, er möchte lernen: Lesen, Schwimmen, andere Sachen als Pizza und Cheeseburger zu essen. Und er hat Julia, die nun vielleicht bald seine Freundin ist. Doch die perfekte Welt von Julia hat mehr als einen Riss. Und Alvin erscheint Joe immer wieder und redet mit ihm. Er erklärt ihm Dinge, auf die Joe allein nicht kommt. Was mit ihm passiert ist und wer dafür die Verantwortung trägt.

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Vom Finden der Liebe und anderen Dingen ist eine jender Jugendbuchperlen, die auch für Erwachsene funktionieren. David Lampsons Stil ist schlicht und frisch, aber auch anspruchsvoll. Er ist genau in Joes Gefühlswelt und macht es einem leicht, sich in Joe hineinzuversetzen.
Die Figuren in diesem Buch sind alle zu skurril um realistisch zu sein, und genau das macht sie so liebenswert. Es ist ein Buch darüber, sich von den Einflüssen anderer zu befreien, ob dies gelingen kann, bleibt dabei offen. Das Ende war mir etwas zu dramatisch, und ich wollte dem Buch dafür beinahe einen Punkt abziehen. Aber dann wieder gab es so viel Gutes an diesem Buch, dass es das wieder aufwiegt. Und wenn man das Ende metaphorisch liest, scheint es genau richtig zu sein.
Das Buch, im Original This one time wish Julia, ist David Lampsons erster Roman. Zuvor hat er lediglich Drehbücher für eine Reality-Show geschrieben. Jetzt lebt er in Los Angeles und ich bin gespannt, welche weiteren Abenteuer einen von dieser neuen Stimme der amerikanischen Gegenwartsliteratur erwarten.

erschienen 213 bei Oetinger, 224 Seiten. Altersempfehung: ab 14.

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