Samstag, 20. Juni 2015

Sense8 - Serienkritik


Auf Netflix ist die vielbeachtete Serie Sense8 gestartet. Eine Serie, die Figuren auf der ganzen Welt verteilt verfolgt. verbunden durch Telekinese und der Möglichkeit im Körper des anderen zu agieren, das klingt eigentlich spannend. Das dann auch noch von den Machern von Matrix. die Kommentare zur Serie reichen von Begeisterung zu Langeweile. Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich dazu stehe, denn vieles an der Serie ist großartig, vieles ist aber auch nicht besonders gut gemacht. die Grundidee ist genial, und bietet viele Möglichkeiten, die aber leider nicht richtig ausgeschöpft werden. Schon zu Beginn fand ich diese Szene, als eine Frau in einer Kirche stirbt etwas trashig gemacht. Zu aufgeladen mit mystischer Symbolik. Dann werden einem nach und nach die acht Protagonisten vorgestellt. Da fängt das Problem schon an. Es sind zu viele Figuren, von denen man nur wenig erfährt, da alle gleich viel Aufmerksamkeit bekommen, so dass mich zu Beginn eigentlich keine der Figuren richtig interessiert hat, weil man zu wenig über sie erfährt. es hätte der Serie besser getan, hätte man einen Hauptcharakter ausgewählt. man begegnet einer DJane in London, die verloren wirkt zwischen Drogen und zwielichtigen Typen. Doch was dahinter steckt erfährt man viel zu spät, so dass mir ihr Schicksal, obwohl sehr gut gespielt von Tuppence Middleton, am wenigsten nahe ging, obwohl sie eigentlich viel Potential zur Identifikation birgt. Auch war ihre Figur am wenigsten klischeehaft angelegt. Denn das ist meine größte Kritk. Es scheint ein wenig, als hätten die Autoren jeweils die erste Idee genommen, die ihnen zu den Figuren einfiel, denn sie wirken alle merkwürdig einfallslos. Da gibt es den schwulen Soap-Schauspieler aus Mexico, der Angst hat, dass seine  Karriere durch ein Outing zerstört wird und daher seinen Partner verheimlichen muss. Die Geschichte mit der Freundin, die vor ihrem schlagenden Ex-Freund zu ihnen flieht mindert das Klischee auch nicht gerade. Es gibt einige tolle Szenen, die Männer sind ein schönes Paar, aber die Wendung, die ich mir bei Daniela erhofft hatte blieb aus.

Dann gibt es da den Cop aus Chicago, der als einziger auf die Idee kommt, seine "Visionen" der anderen zu überprüfen, indem er Handynummern mit der DJane austauscht. Er interessierte mich von allen eigentlich am wenigsten. Dann gibt es da noch den Slumbewohner aus Nigeria, der sich mit der Mafia einlässt, um für seine Mutter HIV-Medikamente zu bekommen und die Frau aus Indien, die dabei ist einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebt, im Konflikt zwischen Tradition und Moderne.
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Und den deutschen aus Berlin, gespielt von Max Riemelt, der wenigsten durch diese Rolle hoffentlich eine internationale Karriere bevorsteht. Er gibt einen jüdischen Gangstersohn aus Berlin, der sich mit seiner Familie anlegt. Dabei stellt er sich seltsam dumm an, und die Lösung des ganzen wirkt dann wie aus einem billigen Gangsterfilm. Warum er und die aus Island stammende DJane Englisch sprechen bleibt auch völlig unklar. Dass die Amis keine Untertitel mögen ist bekannt, man hätte den beiden aber auch einfach eine englischsprachige Familie geben können, um eine Erklärung dafür zu haben. Denn dass sie dann doch mal Deutsch oder Isländisch sprechen zerstört die Illusion, dass das gerade nur für den Zuschauer übersetzt wird. Dass der Deutsche Wolfgang heißen muss wird wenigstens in der Serie angesprochen. Tatsächlich waren in meiner Klasse zwei Wolfgangs, aber es nervt doch ein bisschen, dass in amerikanischen Filmen junge Deutsche immer Namen tragen, die hier normalerweise nur Leute über 70 haben. Wenn ich ein Buch schreibe, dass in den USA spielt gucke ich als erstes danach, welche Namen für die Generation üblich waren. Das dauert fünf Minuten. Nicht vergessen darf man die Businessfrau aus Seoul, die sich für ihre Familie opfert, aber auch noch Kampfsport betreibt. Obwohl das wieder absolute Klischees sind, fand ich ihre Figur mit am interessantesten, vor allem weil sie so gut von Doona Bae gespielt wird.
Nur Nomi, die Transfrau aus San Francisco ist eine Figur, die man selten auf der Leinwand sieht. Neben Laverne Cox ist Jamie Clayton eine der Schauspielerinnen, die Transgendermenschen in die Öffentlichkeit bringen. Da Lena Wachochwski, eine der Macherinnen der Serie auch Transgender ist, geht man von einer realistischen Repräsentation aus. Nomi lebt mit ihrer Partnerin zusammen, die von Doctor-Who Schauspielerin Freema Agymen als liebenswerte Punkerin gespielt wird. Aber auch hier ist der Konflikt, dass Nomi nicht von ihrer Familie akzeptiert wird, wieder sehr klischeehaft geraten. Dass Nomi eine Vergangenheit als Hackerin hat, hilft da auch wenig, da es ein wenig aufgesetzt wirkt, um dem Plot zu dienen. Denn Nomi und ihre Freundin sind die einzigen, die sich dafür interessieren, die Machenschaften zu durchschauen, denen sie begegnen, als sie jemand wegen ihrer "Gabe" verfolgt. Das ist auch der Hauptkritikpunkt an der Serie. Obwohl die Figuren alle telepathisch verbunden sind, und sich immer wieder begegnen und die Körper des anderen übernehmen, um sich zu helfen, etwas als die Kampfsportlerin für den Jungen aus Nigeria einige Gangster erledigt, und wenn Wolfgang aus Berlin und Kala aus Indien sich ineinander verlieben, nehmen sie doch alle erstaunlich wenig Anteil am Leben der anderen. Bewusst die anderen herbeirufen können sie nur manchmal, aber sie tun dies immer nur, wenn sie Hilfe brauchen. Keiner kommt zum Beispiel auf die Ideen, dem Jungen aus Afrika die Medikamente seiner Mutter zu bezahlen. Oder soll dies gerade eine Kritik sein, an dieser heuchlerischen Vorstellung davon, dass heute ja alle irgendwie verbunden sind, die aber wenn es aber um die Beseitigung von Ausbeutung und die Aufgabe von Wohlstand geht, ganz schnell nur noch in der Aufhebung von Handelsbeschränkungen besteht. Da die Serie diese Verbundenheit so sehr feiert, bezweifelt man das. Alle nehmen außerdem einfach so an, dass sie diese Fähigkeit haben und nur Nomi überlegt, ob etwas mit ihrem Gehirn nicht stimmt und das alles Einbildung ist.
Dadurch, dass alle mit ihren eigenen Konflikten beschäftigt sind, wirkt die Serie mehr wie acht Einzelfilme, hier wird leider viel Potential verschenkt, eine echte Verbindung zwischen den Figuren zu schaffen. Dass sie sich außerdem kaum dafür interessieren, dass sie von einer mysteriösen Organisation verfolgt werden, wirkt seltsam. Hier hätte man einfach einen Hauptkonflikt einführen und die Figuren zur Zusammenarbeit bringen können, indem sie sich gemeinsam ihrem Feind stellen. In der zweiten Staffel kann dies noch passieren, aber da weiß man schon nicht mehr, ob man die überhaupt sehen will. Insgesamt setzt die Serie viel auf mystische Verklärung einer umfassenden Verbundenheit, es gibt eine kitschige Szenen. Eigentlich ist es ja schön, dass die Serie gewissermaßen Liebe und Verbundenheit feiert, es gibt viele zärtliche Szenen zwischen den Paaren, eine Szene, in der fast alle Figuren sich in einer Liebesszene verbinden, die schon fast ein Porno ist, hat viel Aufmerksamkeit erfahren. Den Schauspielern wird hier einiges abverlangt. Man sieht Max Riemelt oft nackt, das lesbische Paar scheint auch die meiste Zeit im Bett zu verbringen. Einige bringt das vielleicht dazu die Serie zu sehen, manchmal wirkt es aber auch einfach so, als wäre den Autoren gerade nichts anderes eingefallen. Dann doch einfach noch eine Sexszene. Dabei wünscht man sich manchmal verzweifelt einen sinnvollen Plot. Einerseits ist es ja ganz schön, mal eine Serie zu haben, die so viel Liebe zeigt und einen in eine schöne Stimmung versetzt anstatt so düster zu sein wie es die meisten Serien heute sind. Aber dabei schießt man leider übers Ziel hinaus. Dennoch hat die Serie irgendetwas, das einen fesselt, immerhin habe ich alle 10 Folgen gesehen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Serie weiterentwickelt und worauf sie hinausläuft.

2 Kommentare:

  1. Ich kann ein paar der Punkte nachvollziehen, aber manchmal musste ich beim Lesen wirklich den Kopf schütteln. Wo ist denn ein schwuler mexikanischer Schauspieler oder eine koreanische Geschäftsfrau die Kampfsport macht ein Klischee? Gerade bei diesen Figuren habe ich mich gefreut, dass sie so fern von Klischees dargestellt wurden. Ich persönlich hatte auch kein Problem mit den vielen Figuren. Das mit den Sprachen wurde auch deutlich, wenn man aufpasst, denn es gibt eine Szene, in der erklärt wird, dass die einzelnen Figuren durch die Verbindung auf die Sprachen der anderen zugreifen können. Ich finde es auch ehrlich gesagt sehr vermessen, einer Serie, die von einer trans Frau gemacht wurde anzukreiden, dass sie Probleme von Transgender-Menschen unrealistisch und klischeehaft darstellt. Das sind Probleme, mit denen viel zu viele Menschen kämpfen und hier fand ich das wunderbar dargestellt, weil ganz klar wurde, dass das Problem bei Nomis Mutter liegt und dass Nomi sich deshalb nicht selbst hasst. Es ist schade, dass dir die Serie nicht gefallen hat, aber am Ende ist das wohl einfach Geschmackssache, denn ich fand gerade die Figuren großartig.
    (Vor dem Posten einmal über den Artikel drüber zu lesen würde übrigens auch helfen. Da waren einige Fehler drin und du hast mehrmals etwas zum größten Kritikpunkt ernannt. Ja, was denn nun?)

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    1. Es kann ja jeder seine Meinung dazu haben. Ich habe es so gesehen, aber es kam wohl etwas falsch rüber. Nomi fand ich auch die authentischte Figur und sehr gut dargestellt. Natürlich gibt es viele LGBT-Menschen, die Probleme mit den Eltern haben, mein Empfinden war nur, dass man das einfach oft in Filmen sieht. Hier ist eine Rezension, die das vielleicht noch etwas besser ausdrückt, auch wenn ich nicht mit allen Punkten darin übereinstimme:
      http://thenerdsofcolor.org/2015/06/10/sense8-and-the-failure-of-global-imagination/
      Fehler passieren leider, ich lese das immer nochmal, aber es rutscht leider manchmal was durch.

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