Sonntag, 27. September 2015

Reepberbahn Festival Bericht #2

c Florian Trykowski


Am Freitag machten Oh Wonder für mich den Start im Übel und Gefährlich. Die Band besteht aus Josephine Vander Gucht und Anthony West, die beiden Londoner haben ihre Songs einzeln auf soundcloud veröffentlicht und so einen großen erfolg gelandet. Inzwischen sind die Songs auch als Album erschienen, schöner zurückgenommener Pop, oft melancholisch mit Elektroeinschlag. So war die Band auch mit Keyboards auf der Bühne, unterstütz von einem Bassisten und Schlagzeug. Zunächst konnte man den Eindruck haben, dass sie nur ihr Programm nur abspulen, alle Songs klingen auch live perfekt, Josephine und Anthony singen immer im Duett die sich oft wiederholenden Refrains. Aber dann erzählte Josephine, dass das hier ihr erstes Konzert außerhalb Englands war und es war ihnen dann der Spaß an der Performance deutlich anzumerken. Josephine mit den Rehaugen und braunem Pony sieht ein wenig aus wie eine Mischung aus Zooey Deschanel und einer jungen Tina Frey, Anhtony könnte auch in einer Boyband singen. Aber die beiden sehen nicht nur gut aus, sie haben auch eine klassische Ausbildung und offenbar viel Marketingtalent. Vielleicht ist ihre Methode Songs zu veröffentlichen ja die Zukunft. Aber auch live funktionierte der trotz des melancholischen Tons einlullende Sound. Das liegt vor allem an den angenehmen warmen Stimmen der beiden, die perfekt harmonieren. Die Texte vermitteln positive Botschaften, handeln von Freundschaft und Hoffnung. Heart Hope oder White Blood sind besonders einprägsam. Der Saal wirkte verzaubert und begeistert. Ein wenig fehlt die Abwechslung im Sound, manchmal dachte man, den Song hätten sie gerade schon gespielt, aber wirklich stören tut das nicht, denn alle Songs sind von gleichbleibender hoher Qualität. Am Ende hatte man das Gefühl aus einem schönen Traum aufzuwachen. Im November kommen die beiden übrigens noch zu zwei Konzerten in Köln und Berlin.





Dann hieß es eine halbe Stunde im Saal auf Dan Mangan warten. Er stammt aus Vancouver und hat bereits einige Awards gewonnen. Sein neues Album Club Meds, dass er zusammen mit Blacksmith einspielte, erschien dieses Jahr. Doch Dan erschien diesmal ohne Band und nur mit dem Gitarristen Gord Grdina, mit dem er schon länger zusammen arbeitet. Er spielte auch eher die älteren bekanteren Songs. Wie Post War Blues, oder Jude, das nach seinem Sohn benannt ist. So als neugeborens Baby wäre ja noch alles an ihm perfekt gewesen, das hätte ihn so fasziniert, erzählte er. Jetzt hingegen, wäre er nicht mehr ganz so perfekt, scherzte er. Mangans Texte zwingen einen sofort zum Zuhören. Nach etlichen Konzerten mit zwar schöner Musik aber eher simplen Texten eine Wohltat. Er singt vom Amerika nach der Krise, von Hausspekulanten, die Familen zugrunde richten. Mit seiner tiefen rauen Stimme hebt er sich von vielen Songwritern ab, ebenso mit den teils politischen Texten. Wirklich beeindruckend an diesem Konzert war allerdings der Gitarrist, dem man die klassiche Ausbildung deutlich anmerkte. Sein Solo erntete spontanen Applaus, man hätte ihn auch gerne allein, vielleicht in der Musikhalle, gesehen. Zwischendurch benutzte er dann sogar die Gitarre als Geige, indem er sie mit einem Bogen spielte, was einen interessanten Sound ergab. Aber auch mit Dan Mangan harmonierte Gord sehr gut. Dan sagte es selbst, hey, er ist ja wohl ein Teufel an der Gitarre. Da vermisste man eine größere Band überhaupt nicht. Das Publikum war jedenfalls schwer begeistert und offenbar waren viele Fans dabei, die seine Texte mitsingen konnten.




Doch bis zum Ende konnte ich nicht bleiben, da ich mir unbedingt noch Half Moon Run in der Großen Freiheit ansehen wollte. Da braucht man leider schon eine Viertelstunde. Meine Sorge nicht mehr hineinzukommen war jedoch unbegründet, schließlich ist der Saal ja auch sehr groß. Gerade war die Band dabei ein eher ruhigeres Stück zu spielen. Nachdem er letztes Mal mit Undercut auftrat hatte sich Devon diesmal komplett die Haare geschnitten, aber er tanzte wie immer mit Axelshirt über die Bühne. Tatsächlich scheint aus den Jungs inzwischen richtige Rockstars geworden zu sein. Sie spielten einige Songs ihres neuen Albums, das noch nicht erschienen ist, und ihr Sound hat sich überraschenderweise Richtung Metal bewegt. Devon, der eigentlich eine recht hohe feine Stimme hat, schrie auch mal ins Mikro. Wenn ich es richtig sehen konnte, spielte er sogar mit der Zunge auf der Gitarre, und verausgabte sich völlig bei seiner Performance. Nachdem ich die Band bereits dreimal gesehen hatte, war das die größte Bühne, auf die sie wirklich gehören. Sie verstehen es ein großes Publikum zu begeistern und mit ihren treibenden Beats zum Tanzen zu bringen. Auch wenn ihre Performance im kleinen Kulturhaus immer noch mein Favorit bleibt, ist es faszinierend zu beobachten, wie die Band immer bekannter wird. Es folgten noch Drug you und schließlich Full Circle, einen Song, den viele Fans mitsingen konnten. Die Band hat mal wieder gezeigt, dass sie wirklich in der Lage ist, so große Bühnen zu spielen, was sie in Kanada auch längst tut, und dabei ist wirklich groß zu werden.



Leider war dann das Konzert von Airy met fairy im Kaiserkeller gerade vorbei. Also ging es weiter zum Nochtspeicher und Lucy Rose. Die junge Londonerin ist dort schon längst ein Star des Indiesongwriterpop. Ihre feine hohe Stimme erinnert an Feist oder Daughter. Nach zahlreichen kleinen Auftritten in der Londoner Szene nahm sie ihr erstes Album im Keller der Eltern auf und heimste gleich einen Deal bei Columbia ein. Inzwischen ist Lucy Rose international bekannt, schon als ich ihr Album das erste Mal hörte, dachte ich, das brauche ich hier gar nicht vorstellen, das wird sofort ein Hit und so kam es dann auch.
Im Nochtspeicher trat sie mit einer großen Band auf, die für einen überraschend rockigen Sound sorgte. So klangen ihre Songs ganz anders, als auf dem Album. Obwohl man die kleine Sängerin auf eine kleine Bühne stellte, was nicht unebdingt dafür sorgte, dass man sie gut sehen konnte, konnte sie doch den Saal für sich einnehmen und das Publikum begeistern. Mit ihrem Pony über die Augenbrauen und den langen Haaren und dem Flanelhemd wirkt sie ein bisschen, als würde sie eigentlich in die Siebziger gehören, aber ihr Sound ist modern und frisch, was ihn besonders macht ist wirklich ihre Stimme, fein, ein wenig kühl, aber niemals zerbrechlich. Gerne hätte ich sie auch im Schulmuseum ohne Band gesehen, denn dann wäre ihre Stimme vielleicht noch besser zur Geltung gekommen, aber auch so war es ein gelungenes Konzert und ein schöner Tagesabschluss.



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